Philosophen

von Gert Ueding / DIE WELT

Dieser Artikel erschien in der Zeitung

DIE WELT am 04.04.2009

In der Flut der Hörbücher werden Entdeckungen immer schwieriger und seltener, vor allem wenn man auf gediegene Sachlichkeit wert legt. Was diese betrifft, so kann man Rolf Beyers "Grundfragen der Philosophie" nicht hoch genug preisen. In zweieinhalb Stunden erhalten wir eine solide Einführung nicht nur in das philosophische Denken der Gegenwart, sondern, was die Kernprobleme betrifft, auch in die Quellen des europäischen Philosophierens bei Heraklit, Platon oder Aristoteles. Auch Kant oder Hegel oder Nietzsche kommen zu Wort, Seitenblicke auf die französische, die englische und amerikanische Philosophie ergänzen den Kursus.

Rolf Beyer fungiert als ebenso kenntnisreicher wie verständlicher Cicerone durch das europäische Haus der Philosophie, er beherrscht die seltene Fertigkeit, schwierige Denkoperationen und Ideen klar und ohne Einbuße im Gehalt entfalten zu können. Sie bewährt sich an Heidegger ebenso wie an Gadamer oder Adorno und verwechselt nur ganz gelegentlich die Etage, wenn Norbert Bolz oder Reinhold Messner zu eher trivialen Exkursen ausholen.

Besonders aufschlussreich und lebendig aber gerät das philosophische Gespräch, wenn die Denker selber das Wort ergreifen, wenn wir Max Horkheimer hören oder dessen Antipoden Karl Popper, wenn Ernst Bloch wortgewaltig fordert, das Hoffen zu lernen oder Josef Pieper leidenschaftlich über das Staunen als Anfang allen Philosophierens spricht.

Gewiss, es können immer nur Häppchen sein, die wir da kosten in diesem nahrhaften und immer wieder auch vergnüglichen philosophischen Seminar - aber sie machen alle, was ihre Aufgabe ist, Appetit auf mehr und mögen manche Türen in uns, die wir zuhören, selber öffnen. Denn die vornehmste und fruchtbarste Weise Philosophie zu betreiben ist seit den Vorsokratikern: das Selbstdenken.

Rolf Beyer: Grundfragen der Philosophie. Der Audio Verlag 2009. 2 CD, ca. 20 Euro.

(aufgenommen in Katalog der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt, Februar 2013)